Prägnant schreiben fürs Web

Lassen Sie den Sprachballast los

DARUM
GEHT’S

Kategorie: Know-how Story 
Datum: Mai 2021

Webtexte müssen verständlich und einfach sein. Um auf den Punkt zu kommen, müssen Sie die Essenz herausschälen. Alles andere gehört gestrichen. Warum ist weniger mehr beim Schreiben? Wie werden Sie Sprachballast los, um möglichst prägnante und präzise Texte zu schreiben? Das erfahren Sie in diesem Beitrag.

Gastbeitrag von Sabrina Rohner: Texterin und freie Autorin in St.Gallen

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INHALT

Kurz erklärt

Was hat ein Heissluftballon mit einem prägnanten Text zu tun? Der Ballon steigt in ungeahnte Höhen, wenn Ballast abgeworfen wird. Genauso sieht es bei Texten aus: Lässt man Füllwörter und unnötige Umschreibungen weg, bleibt die Botschaft haften. Füllwörter, Floskeln und Phrasen verhindern, dass die Botschaft die Leser*innen erreicht. Die Kunst ist es, den Sprachraum nicht zu überladen und sich mit wenigen und treffenden Worten auf das Wesentliche zu fokussieren.

So simpel das klingen mag: Einfach schreiben ist die höchste Kunst. Es erfordert Mut zur Reduktion und zur Auslassung. Prägnant schreiben fürs Web bedeutet auch, auf geliebte Wendungen zu verzichten. “Kill your darlings” nennt sich dieser Rat, liebgewonnene Formulierungen aus seinem Text zu streichen. Der Mut zur Reduktion beim Schreiben zahlt sich aus: Belohnt werden wir mit glücklichen Leser*innen, die den Text ohne Rätselraten verstehen.

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Kill your darlings: Auch Liebgewonnenes muss manchmal losgelassen werden.

Schreiben heisst Loslassen

Die Angst vor der Leere kann uns auch beim Schreiben ergreifen. So wie viele Menschen ein Zimmer mit viel Deko einrichten, pflastern wir Texte mit Satzgirlanden, Schachtelsätzen oder Phrasen und Floskeln zu. Hier ist “Mut zur freien Fläche” gefordert, damit Freiraum ensteht. Schreiben heisst Loslassen. Wollen wir lange, schwülstige und komplizierte Texte lesen, die so überfrachtet sind, dass die Botschaft nicht mehr erkennbar ist? Also. Wir beschreiten auch lieber einen aufgeräumten Raum. So sollten wir auch den Sprachraum nicht überladen und selbstkritisch Ballast loswerden. Zum Sprachballast gehören nichtssagende Floskeln, unnötige Wiederholungen, sprachlich wattierende Füllwörter oder abgedroschene Allgemeinplätze. Ebenfalls zu vermeiden sind – wenn möglich und sinnvoll – Anglizismen und Fremdwörter (hinter denen sich der Schreibende auch verstecken kann). Meist gibt es eine deutsche Entsprechung.

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Überarbeiten, streichen und umformulieren gehört zum Schreibprozess.

Mit Marie Kondo zu präziseren Texten

Bestimmt haben Sie schon von Marie Kondo gehört. Ihre Aufräum-Strategie hat es zu globaler Beliebtheit geschafft. Kondo rät den Aufräum-Jünger*innen, sich bei jedem Artikel zu fragen, ob er einem noch Freude bereitet. Beim Schreiben sollten Sie ähnlich vorgehen: Setze ich jedes Wort bewusst ein? Folge ich einem roten Faden? Lassen Sie den Ballast los. Spüren Sie das befreiende Gefühl. Konzentrieren Sie sich auf die Essenz. Ihr Ziel ist es, dass die Botschaft bei den Empfänger*innen ankommt. Dabei sind Füllwörter hinderlich, weil sie dem Wesentlichen im Weg stehen.

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Schreiben erfordert Mut zur Reduktion.

Lass das Wort los: Prägnant schreiben fürs Web

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, Wortballast loszuwerden.

Sprachballast auf der Wortebene loslassen:

  • Modalverben (dürfen, können, mögen, müssen, sollen): In der mündlichen Sprache werden Modalverben oft verwendet. Sie verleihen unseren Aussagen eine Nuance. In der geschriebenen Sprache schwächen sie Aussagen aber meist ab und führen dazu, dass der Text weniger präzis ist. Prüfen Sie, ob es das jeweilige Modalverb wirklich braucht. In den meisten Fällen kann es ersatzlos gestrichen werden. 
  • Modalpartikel wie insbesondere, eigentlich oder Indefinita wie man, einige, verschiedene sind typische Füllwörter. 
  • Adjektive sind da, um zu unterscheiden. Zu grosszügig eingesetzt, schaden sie dem Text. Dass der Winter kalt und der Apfel saftig ist – das überrascht niemanden.
  • Allerweltswörter wie Aspekt oder Bereich gehören ebenfalls zum beliebten Füllmaterial, da sie so herrlich nichtssagend sind.

Sprachballast auf der Satzebene loslassen:

  • Pleonasmen, also die Wiederholung von sinngleichen Wörtern, sind oft subtiler als der berühmte weisse Schimmel: mühsame Hürden, dringender Notfall, Zukunftsprognose oder proaktiv sind ebenfalls unnötige Wiederholungen. Schon der Ursprung des Wortes deutet auf das Zuviel hin: Pleonasmus heisst auf Griechisch Überfluss.
  • Tautologien sind inhaltliche Wiederholungen und eine Unterform von Pleonasmen: Beispiele sind immer und ewig, voll und ganz, Guerillakrieg, Fusspedal, Testversuch oder HIV-Virus (die Abkürzung HIV = Humanes Immundefizienz-Virus enthält das nachgestellte Substantiv Virus bereits).
  • Bandwurmsätze verkürzen: Ideale Anzahl Wörter pro Satz sind 15-20.
  • Haupt- und Nebensätze: Grundsätzlich Hauptsätze bevorzugen, wenn Nebensatz, dann nur einen.

Sprachballast auf der Textebene loslassen:

  • Informationshierarchie beachten: Wichtiges zuerst, Hauptinformationen vor Details
  • Unnötige Wiederholungen vermeiden
  • Wichtiges in Hauptsätzen: Hauptsachen in Hauptsätze, Nebensachen in Nebensätze. Sätze nicht überladen: Ein Fakt pro Satz. 
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Indem Sie Füllwörter weglassen, kommen Sie schreibend auf den Punkt.

Für Google gilt: Nicht nur Länge, auch Inhalt zählt

Im Internet kommt noch eine weitere Komponente hinzu. Das Netz ist voller Inhalt, also Konkurrenz für Ihren Text. Geduld beim Lesen ist ein rares Gut. Texte werden oft nur quergelesen. Eine klare Struktur ist deshalb zentral. Teilen Sie Ihren Text in kurze Abschnitte und fügen Sie Bilder ein. Das Motto lautet “Häppchen statt Textwüste”. Listen unterstützen die Übersichtlichkeit und das Querlesen. Setzen Sie auf kleine Portionen, die Sie mit Titeln strukturieren. Gliedern Sie das Geschriebene nach Wichtigkeit, nicht nach Chronologie.

Prägnant schreiben fürs Web heisst nicht unbedingt wenig schreiben: Wenn sich Leser*innen für ein Thema interessieren, nehmen sie sich mehr Zeit. Deshalb sind längere Texte oft sinnvoller als kurze Texte. Bei längeren Texten können wir den Leser*innen mehr Informationen und Inhalt mitgeben und besser auf die Zielgruppe eingehen. Google mag lange Texte. Die Suchmaschine geht davon aus, dass mehr Text gleichzeitig mehr Wert und Relevanz bedeutet. Doch Achtung: Lange Texte sollten nicht erzwungen und mit Füllwörtern gestreckt werden. Sonst sind wir wieder bei heisser Luft statt Ballast abwerfen.

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Prägnant schreiben heisst nicht wenig schreiben. Bei längeren Texten vermitteln Sie mehr Informationen und können besser auf die Zielgruppe eingehen. Auch Google mag lange Texte. Mehr Text bedeutet für die Suchmaschine mehr Relevanz.

Zusammengefasst

Schreiben ist verdichten. Während die mündliche Sprache von den Nuancen des Beschreibens lebt, hinterfrage ich beim Schreiben jedes Wort: Setze ich es sinngemäss ein? Brauche ich das Wort zwingend, um meine Botschaft zu vermitteln? Verständlich und leser*innengerecht schreiben heisst prägnant und präzis auf den Punkt zu kommen. So vermitteln Sie nicht nur Ihre Botschaften, sondern bereiten gleichzeitig Ihren Leser*innen Freude, den Text zu lesen.

yunikon sabrina rohner portrait

Autorin

Sabrina Rohner arbeitet als Kommunikationsexpertin, Texterin und freie Autorin in St.Gallen. Sie leitet Schreibkurse und kreative Workshops, gerne auch mit Gleichgesinnten. In Bern und Wien hat sie Germanistik, Anglistik und Medienwissenschaften studiert. In ihrer Freizeit liest sie viel, kocht und isst gerne und stöbert neugierig auf Flohmärkten.

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